Experteninterview mit Tobias Stetter (TASTE & Stories)

Taste&Stories

Von der Telekommunikationsindustrie zu E-Food

Tobias Stetter ist seit 2004 im Bereich Onlinemarketing und E-Commerce tätig. Bereits Anfang des neuen Jahrtausends war er als Webdesigner tätig. Mit TASTE & STORIES hat er im März sein eigenes E-Food Konzept in den Markt gebracht und ist darüber hinaus für unterschiedliche Firmen als Berater tätig.

 

Wer bist du und was machst du?

Ich arbeite seit 10 Jahren im Bereich E-Commerce und Onlinemarketing. Nach meinem BWL Studium habe ich in der Telekommunikationsindustrie bei Kabel Deutschland Onlineapplikationen wie Elektronische Programmguides oder auch Customer Self Service Portale aufgebaut. Ein weiterer Schwerpunkt meiner Tätigkeiten dort war die Optimierung der E-Commerce Conversions und die Steuerung der Onlinemarketing-Aktivitäten. Spannend vor allem, weil der Markt sehr preisaggressiv ist und gute Conversion-Raten überlebenswichtig sind.

Die letzten Jahre habe ich als Berater und Konzepter für Unternehmen wie Staples und Fear GmbH gearbeitet. Ein Schwerpunkt ist heute der E-Food Markt.

Mit TASTE & STORIES habe ich im März einen eigenen Use-Case an den Start gebracht. Warum? Ich möchte das Geschäftsmodell testen, Erfahrung als Gründer sammeln, neue Funktionen realisieren und die Vermischung von hochwertigen Inhalten und E-Commerce ausprobieren. Als Berater kann ich meinen Kunden so direkte Erfahrungswerte weitergeben. Erfahrungen, die ich bei Kunden nur schwer sammeln kann, weil der Spielraum für Experimente nicht ausreicht.
Außerdem will ich immer geniales Essen bei mir zu Hause haben.

 

Wie bist Du auf die Idee zu TASTE & STORIES gekommen?

Ich habe mich gefragt, warum sich Berliner Freunde Parmesan aus Italien mitbringen lassen. Berlin ist nicht unbedingt für seine Gourmetszene bekannt, auch wenn sich die letzten Jahre viel getan hat. Parmesan hingegen kommt aus einer der besten Gourmetregionen überhaupt. Diese zwei Pole haben mich angeregt.

Was ist also das besondere an Parmesan? Diese Story möchte ich erzählen. Man hätte dafür ein nettes WordPress Theme mit E-Commerce PlugIn einrichten können. Mein Hang zur Feinkonzeption von Onlineanwendungen hat mich dazu getrieben die Site komplett neu aufzusetzen. Ein Shop der einiges anders macht.

 

TASTE&STORIES Webshop

Der TASTE and STORIES Webshop

Was genau macht Ihr anders?

Responsive Webdesign ist im E-Commerce immer noch die Ausnahme. Wir machen es. Die Templates für den Magento-Shop sind komplett neu angelegt, da ist nichts mehr Standard. Mit meinem Designer (Die Rheinkönige) und unserer Onlineagentur (mitho media) haben wir etwas Einzigartiges geschaffen. Zudem geht unsere Bestellfunktionalität neue Wege; Ich teste hier eine Art Konfigurationslogik auf der Produktdetailseite.

Die größte Herausforderung in der Feinkonzeption lag allerdings in der Vermischung von Shop und redaktionellen Inhalten. Contentportale mit ihrer Optimierung auf Aufenthaltsdauer und Klickhäufigkeit und E-Commerce Shops mit der Optimierung auf schnelle Bestellung und Warenkorbhöhe widersprechen sich grundsätzlich.

Mit diesem Konzept testen wir, welche Inhalte dem Abverkauf unterstützen und welche nicht. Das Konzept ist so angelegt, dass wir im laufenden Betrieb sehr viel lernen: Welche Inhalte im Bereich E-Food werden zukünftig Abverkauf stützen und welche nicht.

Content ist für mich der Megatrend im E-Commerce. Ich teste auf tasteandstories.com einen neuen Ansatz: Statt einen Magazinbutton rechts oben, der vielleicht sogar ein neues Fenster öffnet, testen wir, inwiefern man Inhalte in einen Shop integrieren kann.

 

Wo siehst Du die größten Herausforderungen im E-Food?

Die größte Herausforderung ist es den Menschen den Wert von Essen oder Food-Services zu vermitteln.

Bei einem iPhone denkt sich niemand „Unverschämtheit, dass Apple 50 % Marge einstreicht“. Bei Essen denken die Leute ständig darüber nach, ob es teuer ist und wer vielleicht einen Cent zu viel verdient. Klar es gibt ja auch keinen Mehrwert, wenn ich auf industrieller Ebene bleibe: Der Jogurt bei Rewe und Aldi ist nun mal gleich.

Hier weise ich auf die Parallelen von E-Food und Telekommunikation hin. Die Frage ist wie man Mehrwert schaffen kann und die Vergleichbarkeit des Produktangebotes reduziert. Hier liegt die Herausforderungen in preissensitiven Märkten.

 

Wo hattet Ihr bisher die größten Schwierigkeiten? Und wie habt ihr sie überwunden?

Zertifizierungen *lacht* Ohne Witz! Die Bio-Zertifizierung und die Trusted Shops Zertifizierung treiben mich in den Wahnsinn.
Um es etwas allgemeiner zu sagen: Bürokratie.

Logistik und Lagerhaltung sind für mich, was E-Food angeht, die größte Herausforderung.

Pasta Shop

Das Pasta-Sortiment von TASTE & STORIES im Pin-Up Style

 

Was empfiehlst Du zukünftigen E-Food Anbietern?

Ich sehe zwei Pole im E-Food Markt:

Vollsortimenter, also Onlinesupermärkte. Ich denke dieser Markt wird auf absehbare Zeit schwierig bleiben. Preisniveau und Supermarktdichte in Deutschland sind die entscheidenden Gründe aus meiner Sicht. Es ist sehr schwer hier Zusatznutzen zu schaffen.

Dann gibt es Nischenanbieter wie TASTE & STORIES, Foodist oder Reishunger, bei denen es vor allem darum geht etwas Neues zu entdecken. Ich denke dieser Markt wird sehr gute Wachstumszahlen in der nächste Zeit aufzeigen.

Kochboxen laufen und entwickeln sich. Das Thema Einfachheit scheint ebenfalls langfristig zu funktionieren.  Wobei ich hier als entscheidenden USP auch eher „entdecken“ sehe.

Ich empfehle, was jedes Start Up beachten sollte: Löse ein Problem! Verändere die Welt.

Wie werden in 10 Jahren Lebensmittel in Deutschland eingekauft?

Der Alltagsbedarf wird weiterhin in Supermärkten und Discountern gedeckt. Vielleicht bis zu 10 % online. Ich persönlich finde das Thema Onlinesupermarkt nicht sehr spannend. Ich denke die Technik online zu shoppen ist nicht inspirierend und auch nicht einfach. 3D Einkaufserlebnisse könnten hier einen neuen Schwung bringen. Man müsste den Gang durch den Supermarkt simulieren. Das wird aufwendig in der Realisation. Wir brauchen dann auch 3D  Productshots.

Klassische Anbieter wie Le Shop in der Schweiz, die die letzten Jahre als Hero durch die E-Food Szene getrieben wurden, zeigen meiner Meinung mittlerweile keine disruptiven Entwicklungsschritte mehr.

Über Markenversprechen und –identität wird meiner Meinung nach zu wenig in der Szene gesprochen. Ich sehe vor allem die Modebranche als gutes Vorbild für den E-Food Markt, weil die Themen Marke und Inhalte bzw. Storytelling hier sehr gut umgesetzt werden. Food und E-Food müssen raus aus der Vergleichbarkeit. Wenn das nicht erreicht wird, dann werden Konsumenten, wie in der Telekommunikation, sich weiterhin für das billigste Angebot entscheiden.

TASTE & STORIES ist für mich eher ein Markenkonzept, als ein E-Commerce Shop. Der Onlineshop ist ein Baustein in der Vertriebsstrategie und der wichtigste Touchpoint für die Konsumenten.

Bitte ergänze den folgenden Satz: Kundenorientierung im E-Food bedeutet…

für mich Lebensmittel digital erlebbar zu machen und hierzu die Möglichkeiten zu nutzen, die einem der digitale Raum bietet. Lebensmittel haben eine Geschichte und diese kann über digitale Kanäle transparenter transportiert werden, als es im stationären Handel der Fall ist.

About the Author

Fabio Ziemßen

Fabio Ziemßen organisiert als Evangelist/Berater des E-Food Blogs deutschlandweit Treffen für Innovatoren und Startups aus dem Lebensmittel Umfeld (German Food Startup Meetups, Next Generation Food Think Tank, Startup Food Market etc.) und setzt sich für eine Vernetzung der internationalen FoodTech Szene ein. Seit August 2021 ist er Partner bei ZINTINUS und unterstützt Food Unternehmen mit Netzwerk, Expertise und Kapital. Von 2015-2016 war Fabio Ziemßen im Beirat der Digitalen Wirtschaft des Landes Nordrhein Westfalen. Seit 2017 ist er Mitgründer des Coworking Spaces Super7000 (www.super7000.de) in Düsseldorf und Gründer von #Foodnext (www.foodnext.de)

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